Fundamentalanalyse: einen Geschäftsbericht lesen und verstehen

Die Fundamentalanalyse…

…befasst sich mit den fundamentalen Werten eines Unternehmens. Der „Fundamentalist“ liest Geschäftsberichte und Gewinnentwicklungen, beobachtet Geschäftsmodell, Produktaufstellung und Mitbewerber. Er bewertet das Unternehmen mithilfe einer Palette an Kennzahlen (KGV, KBV, Dividende…). Er sucht sich also ein Unternehmen, das unter dem aktuellen Kurswert gehandelt wird, kauft und hält, bis sich etwas grundlegendes im Unternehmen ändert.

Bilanz

Nach Benjamin Graham ist in erster Linie die Bilanz eines Unternehmens interessant. Daraus kann man den Buchwert bestimmen, also was das Unternehmen bei der Veräußerung wert wäre. Sein Schüler Warren Buffet hat später richtig erkannt, dass der wahre Wert eines Unternehmens nicht nur aus Buchwert besteht, sondern auch Marke und Ruf hinzu kommt. Trotzdem wollen wir uns die Bilanz eines Unternehmens genauer ansehen. Diese findet man meist weit hinten im Geschäftsbericht unter „Consolidated Balance Sheets“. Zum Berechnen der Kennzahlen benötigen wir folgende Daten:

key figure dt. Bezeichnung Abk.
Revenue Umsatz U
outstanding shares Aktien im Umlauf
Earnings per share Netto-Gewinn pro Aktie E, G
employees Mitarbeiter M
Current Assets kurzfristige Vermögenswerte CA
Current Liabilities kurzfristige Schulden CL
Total Assets Bilanzsumme TA
Equity Eigenkapital EK
Total Liabilities Fremdkapital FK=TA-EK
Price Kurs P, K
Book Value Buchwert B

Damit kann man den Umsatz pro Aktie bestimmen und weiters die Marge. Das KGV wird aus dem jeweiligen Verhältnis von Kurs und Gewinn gebildet. Genauso das KBV. Der Buchwert wird aus dem EK und der Aktien im Umlauf berechnet. Dann könnte man den Gewinn pro Mitarbeiter berechnen usw. Wichtig, nach Benjamin Graham, ist das Verhältnis der kurzfristigen Vermögenswerte zu den Schulden, also CA:CL. Dies sollte größer als 2 sein. Weiters ist noch das Verhältnis des Fremdkapitals zum Eigenkapital wichtig. Also FK:EK. Dies sollte nicht größer als 1 sein. Je größer, desto mehr Fremdkapital (=Schulden) hat ein Unternehmen und könnte so in Schwierigkeiten geraten. Das KGV bzw. das KBV sollten, nach Graham, unter 15 bzw. 1,5 sein. Oder beide Kennzahlen multipliziert unter 22,5.

Unternehmen die den Soll-Werten von Graham entsprechen, sind sehr selten zu finden. Und es is auch nicht nötig. Schließlich stammt diese Analyse aus den 60er Jahren. Aktuelle Technologie-Unternehmen besitzen meist viel höhere KGVs und KGVs. Daher sollte man sich auf diese Kennzahlen allein nicht verlassen. Viel wichtiger halte ich wie sich das Unternehmen in den letzten 10 Jahren verhielt. Kann man eine klare Linie erkennen? Befinden sich die Werte zumindest in der Nähe des Graham-Solls?

Die eine Kennzahl für 1 Jahr wenig ausschlaggebend ist, sollte man sich diese über einen Zeitraum von 10 Jahren ansehen. So kann man sich auch den Gewinnanstieg ansehen, der nach 10 Jahren ansehen, der min. 30 % betragen sollte. Sollte ein Unternehmen stark um o.g. Sollwerte schwanken kommt es für eine weitere Analyse nicht in Frage. Erst im nächsten Schritt wird die Dividendenpolitik und der Geschäftsbericht genauer bewertet und entschieden ob das Unternehmen in Frage kommt.

Dies ist mit erheblichem Aufwand verbunden, wird aber bei der Entscheidung helfen und langfristig bei einer Buy & Hold Strategie guter Unternehmen zum Erfolg führen.

Geschäftsbericht

Wenn man geeignete Aktien gefunden hat, geht es ans ausführliche Lesen der Geschäftsberichte. Dabei sollte v.a. darauf achten ob genannte Ziele erreicht und nicht-erreichte ehrlich dargestellt wurden. Dann sollte man sich damit befassen, wie das Unternehmen aufgestellt ist, einem die Produktpalette zusagt und was man von der Dividendenpolitik hält. Im Endeffekt muss man selbst entscheiden.

Sollte das Unternehmen seine Politik ändern oder dessen moralische Werte nicht mehr mit den eigenen übereinstimmen, sollte man sich vom Unternehmen trennen. Andernfalls dabei bleiben und eventuelle Kursverfälle aussitzen!